OLG Oldenburg 18.4.2016 - 13 U 43/15*: Zur Inanspruchnahme von Griechenland auf Zahlung aus Staatsanleihen, die während der Schuldenkrise Griechenlands zwangsweise mit einem niedrigeren Nennwert getauscht werden mussten – insbesondere zur gerichtlichen Zuständigkeit
1. Einer in Deutschland erhobenen Klage von Gläubigern griechischer Staatsanleihen gegen die Hellenische Republik (Griechenland), die auf Schadensersatzansprüche wegen des Eingriffs in die Position der Anleihegläubiger durch das griechische Gesetz 4050/2012 und die in diesem Zusammenhang erfolgten Maßnahmen zum Zwangsumtausch der Anleihen gestützt wird, steht der Einwand der Staatenimmunität entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2016 = WM 2016, 734 Rdn. 19 - 23).
2. Das gilt nicht, soweit die Gläubiger ihre Klage auf Rückzahlungsansprüche aus den ursprünglichen Staatsanleihen stützen; insoweit ist die Hellenische Republik nicht in ihrem hoheitlichen Aufgabenbe-reich betroffen (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14).
3. Eine auf Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen nach dem griechischen Gesetz 2198/1994 gestützte Klage ist eine Zivil- und Handelssache im Sinne des Art. 1 Abs. 1 EuGVVO a.F. (VO (EG) Nr. 44/2001 - Brüssel I-VO) (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015, C-226/13, C-245/13, C-247/13 und C-578/13, Rdn. 53).
4. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für eine solche Klage ergibt sich nicht aus dem Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 EuGVVO a.F. (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Januar 2015, C-375/13, Rdn. 28 - 30).
5. Die Darlegung eines auf Art. 8 Abs. 2 des griechischen Gesetzes 2198/1994 gestützten Anspruchs durch die Anleihegläubiger reicht für die Annahme eines vertraglichen Anspruchs im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO a.F. (Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts) aus.
6. Der gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO a.F. an den vertraglichen Erfüllungsort geknüpfte Gerichtsstand kann nicht durch Übertragung der Forderung verändert werden. Stellt das anwendbare materielle Recht auf Umstände in der Person des Gläubigers ab (zum Beispiel dessen Wohnsitz oder gewerbliche Niederlassung), bleiben für die internationale Zuständigkeit allein die in der Person des ursprünglichen Gläubigers liegenden Umstände relevant.
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