LG Frankfurt a. M. 21.6.2016 - 2-12 O 114/15: Vorlage an den EuGH zur Auslegung der Richtlinie 2014/59/EU, insbesondere deren Art. 43 Abs. 2 lit. b und Art. 37 Abs. 6, sowie Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/24/EG („Bankensanierungsrichtlinie“)
I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1) Ist die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, insbesondere deren Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 und 23 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 Ziff. 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen dahin auszulegen, dass vom Anwendungsbereich auch eine Abbaueinheit (Abbaugesellschaft) erfasst ist, die beim Inkrafttreten der Richtlinie 2014/59/EU am 2.7.2014 noch ein Kreditinstitut im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Ziff. 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (CRR-Institut) war, diese Eigenschaft jedoch vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2014/59/EU in nationales Recht am 31.12.2014 bereits verloren hat und über keine bankrechtliche Konzession zum Betrieb von Bankgeschäften mehr verfügt, sondern lediglich auf Basis einer Legalkonzession (Bank-) Geschäft tätigen darf, welches allein dem Portfolioabbau dient?
2) Ist die Richtlinie 2014/59/EU, insbesondere deren Art. 43 Abs. 2 lit. b) und Art. 37 Abs. 6 dahin auszulegen, dass eine Maßnahme, die dem Bail-in-Instrument des Art. 43 der Richtlinie 2014/59/EU entspricht, auch dann von ihrem sachlichen Anwendungsbereich erfasst ist, wenn sie in Folge einer nationalen Vorschrift des Herkunftsmitgliedstaates in einem Fall durchgeführt wird, in dem keine realistische Aussicht auf die Wiederherstellung der Existenzfähigkeit der Abbaueinheit, die ihre fortzuführenden Teile bereits nach Inkrafttreten der Richtlinie 2014/59/EU am 2.7.2014, aber vor Ablauf der Umsetzungsfrist am 31.12.2014 veräußert hat, mehr besteht und auch keine systemrelevanten Dienstleistungen auf ein Brückeninstitut übertragen und auch sonst keine weiteren Unternehmensteile des Instituts mehr veräußert oder übertragen werden, sondern diese Abbaueinheit ausschließlich der Verwaltung von Vermögenswerten, Rechten und Verbindlichkeiten mit dem Ziel einer geordneten, aktiven und bestmöglichen Verwertung dieser einzelnen Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten (Portfolioabbau) dient?
3) Ist Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten (in der Fassung des Art. 117 der Richtlinie 2014/59/EU) dahin auszulegen, dass eine von einer Verwaltungsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates einer Abbaueinheit verfügte Herabsetzung von Verbindlichkeiten der Abbaueinheit, die einem anderen nationalen Recht unterliegen, sowie die Herabsetzung des Zinssatzes und die Stundung von Verbindlichkeiten in dem Mitgliedstaat, dessen Recht die Verbindlichkeiten unterliegen und in dem der betroffene Gläubiger seinen Sitz hat, ohne weitere Formalität uneingeschränkt Wirksamkeit entfaltet oder setzt dies voraus, dass die Abbaueinheit (Abbaugesellschaft) vom persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/59/EU (entsprechend Vorlagefrage 1) erfasst ist und dass die verfügte Maßnahme in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/59/EU fällt?
Bedeutet „ohne weitere Formalität uneingeschränkt wirksam sein“, dass das Gericht eines Mitgliedstaates, das über die Anerkennung der nach dem Recht des Herkunftsmitgliedstaates verfügten Maßnahmen im Rahmen des auf die Verbindlichkeiten anwendbaren Rechts zu entscheiden hat, keine Prüfungskompetenz hinsichtlich der Vereinbarkeit der vorgenannten Maßnahmen mit der Richtlinie 2014/59/EU hat.
II. Das Verfahren wird ausgesetzt.
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