BVerfG 30.7.2019 - 2 BvR 1685: Regelungen zur Europäischen Bankenunion bei strikter Auslegung nicht kompetenzwidrig
1. Bei der Europäisierung der nationalen Verwaltungsorganisation und der Errichtung von unabhängigen Einrichtungen und Stellen der Europäischen Union bedarf es eines Mindestmaßes an demokratischer Legitimation und Kontrolle (Art. 23 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG).
2. Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG ist offen für begrenzte Modifikationen der demokratischen Legitimationsvermittlung, durch die Einflussknicke kompensiert werden können. Das gilt insbesondere für eine effektive gerichtliche Kontrolle oder Kontrollrechte, die dem Parlament spezifische Einflussmöglichkeiten auf Behörden vermitteln und es in die Lage versetzen, eine Letztkontrolle durch eine Änderung oder Aufhebung der Rechtsgrundlagen auszuüben.
3. Eine Absenkung des demokratischen Legitimationsniveaus ist nicht unbegrenzt zulässig und bedarf der Rechtfertigung. Die Errichtung unabhängiger Agenturen der Europäischen Union begegnet vor diesem Hintergrund keinen grundsätzlichen Einwänden, bleibt aber aus Sicht des Demokratiegebotes prekär.
4. Bundesregierung und Bundestag dürfen am Zustandekommen und an der Umsetzung von Sekundärrecht, das die Grenzen des Integrationsprogramms überschreitet, nicht mitwirken. Der Gesetzgeber darf die Bundesregierung auch nicht dazu ermächtigen, einem Ultra-vires-Akt von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union zuzustimmen.
5. Aus Sicht des Grundgesetzes begegnet die Mitwirkung von Bundesregierung und Bundestag am Zustandekommen und an der Umsetzung der SSM-Verordnung (Abl. EU Nr. L 287 vom 29. Oktober 2013, S. 5, 63) und der SRM-Verordnung (Abl. EU Nr. L 331 vom 15. Dezember 2010, S. 12) keinen durchgreifenden Bedenken.
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